Massentauglich
Eine experimentelle Materialstudie zu erzgebirgischen Massefiguren.
Roggen
Schlamm
Zellulose
Das Material „Masse“, wie es im erzgebirgischen Raum genannt wird, besteht aus Roggenmehl, Schlämmkreide und Zellulose. Mit Wasser vermengt, entsteht eine teigartige Masse, die sich ausgezeichnet zum Abformen und Modellieren kleiner bis mittelgroßer Objekte eignet. Diese Technologie war bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts fester Bestandteil des erzgebirgischen Kunsthandwerks. Die Entwicklung und Verbreitung von Kunststoffen in der Spielzeugindustrie hat diese Art des Handwerks jedoch weitestgehend verdrängt.
In dem Projekt „Massentauglich“ untersuchten sieben Studierende der Angewandten Kunst Schneeberg aus den Fachbereichen Textilkunst/Textildesign und Holzgestaltung die Eigenschaften des traditionellen Materials unter heute gesellschaftsrelevanten Gesichtspunkten. Hierbei steht die Arbeit mit dem Material unter ökologischen Aspekten und die Kompatibilität neuer Be- und Verarbeitungsmethoden im Vordergrund. Nach ersten physischen Untersuchungen des Materials wurde die Rezeptur durch Variation der Mischverhältnisse bzw. ergänzende oder substituierenden Stoffe verändert. Aus diesem Fundus sind formal ästhetische sowie experimentelle Studien entstanden, welche ggf. nachhaltige Alternativen bzw. Ergänzungen zu bestehenden Produkten und Herstellungsverfahren sein können.
Das Projekt „Massentauglich“ ist eine Kooperation der
Angewandten Kunst Schneeberg
und der DENKSTATT Erzgebirge und wird weiterhin durch die Grünperga GmbH und SWAP Sachsen GmbH unterstützt.
Zimt & Körper
- Masse, Zimt und Rattan - eine Abformstudie
> Lotte Pönninghaus
Zimt wirkt antibakteriell, das ist besonders praktisch, wenn man mit Teig arbeitet, der durchaus schimmeln kann. Mit der Menge an Zimt in meinen Arbeiten wird sich das Problem wohl erledigt haben. Masse kann man sehr dünn ausrollen, sogar so lange bis sie transluzent ist. Mit diesem dünnen Teig lassen sich gut Dinge ummanteln. Furnier und Rattanstäbe lassen sich ebenfalls gut mit dieser Masse ummanteln, in eine Form bringen und in dieser dann trocknen.
Meine ersten Versuche beschäftigten sich mit Teelichtern. Dabei eröffnete sich eine weitere gute Eigenschaft der Masse. Masse ist nicht leicht entflammbar.
Die Abformung meines Gesichtes und Oberkörpers mit zwei Lagen Masse mit Rattanstäben dazwischen ergeben ein Gerippe, das sehr abformgenau ist und durch die Stäbe sehr abstrakt wirkt. Bei dem Gesicht entstehen Falten, die mein Gesicht sehr entfremden. Dieses Projekt versucht die ursprüngliche Verwendung von Körperformen aufzugreifen und gleichzeitig aufzuzeigen, dass schon geringe Mengen an Teig reichen, um Rattan/ Furnier in Form zu halten.
MARO
Entwicklung eines Verfahrenskonzeptes
> Leopold Rubahn
MARO steht für „Masse“ und „rotational molding“. Die Arbeit beschäftigt sich auf experimenteller Basis mit
der Frage, ob sich die sonst eher in teigartiger Konsistenz verarbeitete Masse auch mit einer aus der
Kunstharzverarbeitung bekannten Herstellungstechnik in Form bringen lässt.
Herkömmliche Vorrichtungen für Rotationsmolding sind geschlossen und drehen sich wie ein Gyroskop auf zwei bis drei Achsen. Da Masse zur Trocknung aber auf Luft angewiesen ist, wurde die Vorrichtung für diesen Zweck auf eine Achse reduziert und arbeitet nun lediglich mit Fliehkraft in horizontaler Richtung. So kann die Form oben offen bleiben. Angetrieben wird sie durch einen mit Labornetzgerät gesteuerten 12 Volt Getriebemotor. Das eingespannte Sieb sorgt für eine zügige Entwässerung der Masse im Drehprozess.
Vorstudien zeigten, dass der Trocknungsprozess in einer festen Form ohne Entwässerungssieb sehr lange dauert und die Drehteile nahezu unmöglich ohne Beschädigungen entformbar sind. Die Masse selbst hat einen hohen Celluloseanteil und wird für die Verarbeitung sehr dünn eingestellt. Nach ca. 15 Minuten drehen hält sie die Form - das Sieb kann ausgespannt und zum Trocknen aufgehängt werden. Je nach Wandstärke lässt sich das fertige Drehteil nach 2-3 Tagen Trocknungszeit entformen. Im Prozess zeigte sich, dass der Zufall bei der Herstellung der Objekte eine große Rolle spielt. Die unterschiedlichen Zusätze der Masse, Drehzahl der Vorrichtung und das Eingießen in die drehende Form lassen jedes Objekt durch unterschiedlich ausgeprägte Ränder, Fehlstellen und Wandstärkenunterschiede zu einem Unikat werden.
Die Tischleuchte zeigt als Anwendungsbeispiel dieser Technologie durch Hinterleuchten der aus Masse
gedrehten Kugelsegmente das Zusammenwirken von geometrisch definierter Form und Zufallsfaktor.
Flora - Masse
> Emily Irmscher
In meinem Experiment habe ich Blumen und Pflanzen in Kombination mit Masse untersucht. Dabei war mir wichtig aufzuzeigen, wie sich die floralen Elemente in der Masse verhalten, ob sie z.B. ihre Farbe behalten oder verwelken bzw. ihre Charakteristika erhalten bleibt.
Verwendet habe ich ausschließlich saisonale Beetblumen und Pflanzen aus unserem heimischen Garten. Zunächst habe ich einzelne Blüten oder Blätter in die Masse gepresst und mit dem Nudelholz tiefer eingearbeitet. In den ersten Versuchen sind zunächst, je nach Anzahl und Volumen der Pflanzen, freie Formstudien entstanden.In meinen weiteren Experimenten habe ich die Flächen quadratisch begrenzt. Durch die Egalisierung der
Formate entsteht eine bessere Kombinierbarkeit der Arbeiten untereinander, die wiederum frei arrangiert werden können. Die Flächen habe ich auf drei verschiedene Arten bearbeitet.
Zum einem habe ich mit den Abdrücken der Pflanzen gespielt, welche sich somit nur als Relief abzeichnen. Des Weiteren habe ich die Pflanzen zerlegt, und mit den Grundzutaten zu einer Masse vermengt. In einer dritten Untersuchung wurden die Pflanzen als „Frischer Grünschnitt" in die ausgerollten Masseflächen eingepresst. Je nach Wirkung habe ich die Masse zusätzlich eingefärbt, um entsprechend stimmige Kontraste zu erzeugen.
Bei der Wahl der Pflanzenteile war es mir wichtig, die Vielfalt der floralen Welt aufzuzeigen. Dabei achtete ich darauf, möglichst unterschiedliche Formen abzubilden.
ABDRUCKORT
Experimentelle Materialstudien zum
Abformen
> Katti Haumer
Masse wurde dazu genutzt um geschnitzte Figuren kostengünstiger zu produzieren. Die geschnitzten
Figuren wurden mit Gips abgeformt, wobei eine dreidimensionale Schablone, mit Vorder- und Hinterteil,
entstanden ist. Die entstandenen Negativformen wurden dann mit Masse ausgefüllt, zusammengesetzt und
zusammengedrückt, dabei kam die überschüssige Masse aus der Form mit heraus. Anschließend wird die
Figur herausgeholt und trocknet. Fertig!
Dieses Projekt beschäftigte sich mit dem Abformen als Eigenschaft der Masse und greift somit die
historische Verwendung auf. Es wurde mit Abdrücken von Alltagsgegenständen und andere Strukturen
experimentiert und so erprobt, wie sich verschiedene Mischverhältnisse der Masse auf die Festigkeit und
Abformfähigkeit der Masse auswirken. Der Fürstenplatz in Schneeberg wurde als Ort ausgewählt und mit Abformungen unterschiedlicher Oberflächen und Gegenständen erfasst.
Mit dieser einfachen Methode des Abformens können Lieblingsorte, besondere Orte oder Gegenstände
strukturreich erfasst und konserviert werden.
sich | was | aus dem Staub machen
-Experimentelle Materialstudien aus Hausstaub
> Leonie Jacobi
In meinem Experiment habe ich Blumen und Pflanzen in Kombination mit Masse untersucht. Dabei war mir wichtig aufzuzeigen, wie sich die floralen Elemente in der Masse verhalten, ob sie z.B. ihre Farbe behalten oder verwelken bzw. ihre Charakteristika erhalten bleibt.
Verwendet habe ich ausschließlich saisonale Beetblumen und Pflanzen aus unserem heimischen Garten. Zunächst habe ich einzelne Blüten oder Blätter in die Masse gepresst und mit dem Nudelholz tiefer eingearbeitet. In den ersten Versuchen sind zunächst, je nach Anzahl und Volumen der Pflanzen, freie Formstudien entstanden.In meinen weiteren Experimenten habe ich die Flächen quadratisch begrenzt. Durch die Egalisierung der
Formate entsteht eine bessere Kombinierbarkeit der Arbeiten untereinander, die wiederum frei arrangiert werden können. Die Flächen habe ich auf drei verschiedene Arten bearbeitet.
Zum einem habe ich mit den Abdrücken der Pflanzen gespielt, welche sich somit nur als Relief abzeichnen. Des Weiteren habe ich die Pflanzen zerlegt, und mit den Grundzutaten zu einer Masse vermengt. In einer dritten Untersuchung wurden die Pflanzen als „Frischer Grünschnitt" in die ausgerollten Masseflächen eingepresst. Je nach Wirkung habe ich die Masse zusätzlich eingefärbt, um entsprechend stimmige Kontraste zu erzeugen.
Bei der Wahl der Pflanzenteile war es mir wichtig, die Vielfalt der floralen Welt aufzuzeigen. Dabei achtete ich darauf, möglichst unterschiedliche Formen abzubilden.
MASSEN
tauglich
Gelenke und bewegliche Formen
> Elias Buschmann
Die typische erzgebirgische Masse, bestehend aus Roggenmehl, Schlämmkreide, Zellulose und
Wasser, wurde hinsichtlich ihres Mischverhältnisses, weiterer Materialien, sowie unterschiedlicher
Trocknungsverfahren ausgiebig untersucht.
Anfangs wurde das richtige Verhältnis der Mehlmenge und Zellulose bestimmt, sowie mit dem
Hinzufügen und Substituieren weiterer, unterschiedlicher Materialien, wie z.B. Wachs, PU-Leim,
Gummibärchen, Sonnenblumenkerne oder Zahnpasta experimentiert. Auch das Anrühren in flüssiger
Form oder das Kneten in fester Form wurde ausprobiert. Ziel dabei war, eine Masse zu erhalten, die
durch den Schwund beim Trocknen keine Risse bekommt, möglichst bruchfest, aber auch sehr
abformgenau ist. Roggenmehl eignet sich dabei besonders gut, aber auch das wegen seiner optischen
Vorzüge verwendete Weizenmehl ist sehr gut geeignet. Die vorliegenden, flächigen Masseproben
stellen Gelenke von Figuren dar. Hierbei werden noch vor dem Trocknen Fäden eingearbeitet und auf
unterschiedlichen Wegen Sollbruchstellen erzeugt. Zu sehen sind zwei verschiedene Figuren, die in
einer Form gefertigt wurden, die ihrerseits mithilfe von Silikon und 3D-Druck erstellt wurde. Die
ausgestellten Figuren haben die Fäden in der gesamten Masse, sodass nach dem Trocknungsprozess
ein Knie, Arm oder der Kopf problemlos bewegt werden kann und dennoch stabil am Körper bleibt. Je
nach Fäden kann die Masse auch optisch sehr verändert werden bis hin zu einer weichen, flauschigen
Oberfläche, die unter Verwendung von Wollfäden entsteht, in Kombination mit einer anschließenden
Aufrauung der Masseoberfläche.
In Form gedreht
> Noah Hailer
Warum wurde die Form gedreht statt gedrückt? Der Anwendungsbereich der Masse ist äußerst vielfältig. Ursprünglich lag der Fokus darauf, ein ökologisches Plattenmaterial herzustellen. Beim Trocknungsprozess traten jedoch Schwierigkeiten auf, da es eine Herausforderung war, das Plattenmaterial während des Trocknens gerade zu halten. Diese Herausforderungen erforderten eine alternative Herangehensweise und führten zu einem neuen Interesse an der Bearbeitung mit einer Drechselbank. Es galt nun eine Methode zu finden, um den Teig in eine bestimmte Form zu bringen und schnell zu trocknen. Hierfür wurden vorgedrehte Holzschalen verwendet, in die der Teig gedrückt wurde. Um Zeit zu sparen, erfolgte die Trocknung mithilfe einer Mikrowelle. Bereits bei der ersten Schale wurde deutlich, dass dabei eine beträchtliche Menge an Material verloren ging. Aus diesem Grund entschied ich, mit der Wiederverwertung der Abfälle zu experimentieren und sie in die nächste Schale einzuarbeiten, um ein Zero-Waste-Produkt zu erzeugen.